Moritz Graf von Merveldt, Chief Compliance Officer der ProSiebenSat.1 Group, erklärt im Interview, welchen Stellenwert Compliance und Anti-Diskriminierung bei ProSiebenSat.1 haben und wie das Unternehmen den aktuellen Herausforderungen vor dem Hintergrund der #metoo-Debatte begegnet. [GRI 102-16, GRI 406-1]
Was versteht ProSiebenSat.1 unter Compliance und wo sind die entsprechenden Richtlinien festgeschrieben?
Im Kern geht es darum, klare Regeln, Verantwortlichkeiten und Prozesse im Konzern festzulegen, um Rechtsverstöße zu vermeiden. Die zentralen Compliance-Richtlinien sind in unserem Verhaltenskodex aufgeführt, den wir zuletzt 2016 grundlegend überarbeitet haben. Bei Neueinstellungen erhält jeder Mitarbeiter diesen Kodex als Anlage zu seinem Arbeitsvertrag. Er ist zudem im Intranet abrufbar sowie öffentlich auf der Website der ProSiebenSat.1 Media SE zugänglich.
Wie versuchen Sie sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter Kenntnis davon haben?
Wir stellen das Thema Compliance neuen Mitarbeitern schon zu Beginn ihrer Tätigkeit auf unserem „Onboarding Day“ vor. Zusätzlich dazu absolvieren neue Mitarbeiter verpflichtende Online-Trainings, in denen die wesentlichen Regeln erläutert werden – von Vermeidung von Korruption bis zu Anti-Diskriminierung. Außerdem führen wir Präsenzschulungen durch, beispielweise für unsere Geschäftsführer, für die es ein ganztägiges Compliance-Seminar gibt. Zudem kommunizieren wir regelmäßig zu verschiedenen Compliance-Fragen.
Stichwort Anti-Diskriminierung: Welche Maßnahmen hat ProSiebenSat.1 implementiert?
ProSiebenSat.1 toleriert keine Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Alter, Religion oder Weltanschauung, sexueller Ausrichtung sowie Behinderung. Wir leben eine Unternehmenskultur, die insbesondere jegliche Art von sexueller Gewalt oder Machtmissbrauch untersagt, und haben uns schon vor #metoo im Rahmen unserer Compliance-Richtlinien klar gegen derartiges Verhalten positioniert. Für 2017 sind uns auch keine Vorfälle bekannt. Dennoch haben wir die aktuelle Debatte zum Anlass genommen, nochmals unsere Strukturen und Prozesse zu hinterfragen.
An wen können sich Mitarbeiter wenden, wenn sie von Compliance-Verstößen erfahren oder unmittelbar davon betroffen sind?
Jeder Mitarbeiter kann sich bei Verstößen oder Verdachtsfällen zunächst an die direkte Führungskraft wenden. Sollte dies nicht möglich sein, sind der für den Bereich zuständige Unit Compliance Officer oder das Team von Group Compliance die richtigen Ansprechpartner. Wichtig dabei: Niemand muss sich für einen in gutem Glauben abgegebenen Hinweis rechtfertigen. Auch dann nicht, wenn sich der Verdacht später als unbegründet herausstellen sollte.
Wie sieht die Compliance-Strategie für die Zukunft aus?
Compliance ist ein lebendes System, das laufend überprüft und angepasst werden muss. Der Vorstand hat beschlossen, den Mitarbeitern künftig die Möglichkeit zu geben, Hinweise auf Rechtsverstöße über eine Ombudsperson auch anonym abzugeben. Die Abstimmung mit den zuständigen Betriebsratsgremien über die Ausgestaltung dieses Meldesystems läuft noch, soll aber bis Ende 2018 abgeschlossen sein. Außerdem werden wir die Verträge mit unseren Produktionspartnern anpassen, um die Bereiche Compliance und Anti-Diskriminierung auch formell noch weiter zu stärken. Zudem beteiligen wir uns gemeinsam mit dem Verband Privater Medien (VAUNET) an der Etablierung einer branchenübergreifenden Beschwerdestelle gegen sexuelle Gewalt. Und generell gilt es natürlich, unternehmensintern und auch extern die Sensibilität für beide Themen wach zu halten.